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"The Art of Ancient Rome" im Eremitage Museum in St. Petersburg

Bericht von Nele Stamm M. Ed.

Einleitung

Im folgenden Bericht wird die digitale Erkundung der Dauerausstellung ‚Die Kunst des antiken Roms‘[1] im Eremitage Museum in St. Petersburg, Russland, beschrieben.[2] In der Sammlung ist römische Kunst aus der Periode der Republik (1. Jahrhundert v. Chr.) bis in das späte Kaiserreich (4. Jahrhundert n. Chr.) dargestellt. Die Ausstellung befindet sich im Hauptmuseumskomplex, der sogenannten neuen Eremitage. Sie umfasst insgesamt sieben Räume.[3] In diesen werden diverse Skulpturen, Reliefs, Marmorsarkophagi, Altäre, Mosaike und Kunstgebilde präsentiert. In der Ausstellung liegt das Hauptaugenmerk auf den Skulpturen. Im Bericht wurden die den Beschreibungen der Exponate zu entnehmenden Informationen verwendet.

Die Juppiterhalle (Raum 109)

Die Ausstellung beginnt in der sogenannten Juppiterhalle. Dieser Raum wurde von Leo von Klenze zur Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits als Museumsraum entworfen und sollte den Geist der antiken Architektur einfangen. Die Wände und Nischen sind aus grünem Marmor und die Decke des Raumes mit Stuck verziert. Im Raum verteilt befinden sich vorwiegend Skulpturen und Büsten in verschiedenen Größen, sowie drei Sarkophage und zwei Vasen. Direkt beim Betreten der Halle gelangt man zu einem der Kernstücke der Ausstellung. Einer Büste von Lucius Verus, einem Mitregenten Marcus Aurelius‘ im zweiten Jahrhundert n. Chr. Das Portrait soll die Verkörperung der militärischen Macht Roms‘ darstellen und wurde zu Ehren eines Sieges im Partherkrieg erstellt. Es wird auf die Gestaltung seiner Schultern und der energischen Haltung seines Kopfs hingewiesen. Seine Gesichtsbehaarung ist überaus realistisch dargestellt und im Kontrast zum sehr fein gearbeiteten Gesicht stehend. Laut Überlieferung war es die Angewohnheit des Lucius Aurelius Verus Goldstaub in seinen Bart und auf seine Haare zu verteilen um den Helden der Ilias, wie Archilles und Hector, ähnlicher zu sein. Die Detailgetreue Abbildung soll den Stellenwert des Imperators widerspiegeln. In der direkt folgenden nächsten Gruppenanordnung von Skulpturen finden sich ebenfalls einige der herausragendsten Stücke der Skulpturensammlung. Unter anderem auch das Portrait der ‘Syrian Woman’ aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. Ihre Bezeichnung rührt von ihren semitischen Gesichtszügen. Es wird vermutet, dass die Skulptur Teil einer Begräbnisstatue war. Es wird auf die künstlerische Intimität hingewiesen, die sich sowohl in ihrem Gesichtsausdruck, als auch in der ansonsten schmucklosen aber hervorragenden Verarbeitung zeigt. Ihr gegenüber ist die Statue eines römischen Jünglings. Dieser stammt aus dem gleichen Zeitraum wie die ‚Syrian Woman‘. Ähnlich wie bei der Statue von Lucius Verus und der syrischen Frau fällt bei dieser Skulptur die überragende Detailgenauigkeit auf. Seine Haare sind künstlerisch auf eine sehr natürliche Art eingefangen und sein melancholischer Gesichtsausdruck ist ähnlich wie bei der Büste der syrischen Frau kennzeichnend für die Portraits dieser Zeit. Zentral im Raum befindlich ist eine beispiellose Statue Juppiters. Sie stammt aus dem Kaiserpalast Domitians und gehört zu einer der größten Statuen aus der klassischen Antike auf der ganzen Welt. Der Künstler entstammt der flavianischen Ära, zu deren Bauwerken auch der Titusbogen in Rom zählt. Die Statue ist sowohl aus Marmor als auch aus vergoldetem Holz. Im hinteren Teil der Halle befinden sich noch zwei weitere Exponate, die besondere Erwähnung verdienen. Zum einen ist dort mittig im Raum eine Büste des Kaiser Philippus Arabs als Beispiel für die Darstellung eines Soldatenkaisers. Der Stil seiner Abbildung soll dabei für die folgenden Soldatenkaiser traditionsbildend gewesen sein. Seine Büste verweist mehr auf die körperlichen Fähigkeiten der Kraft und Männlichkeit, ganz im Sinne der militärischen Ausrichtung. Dieser Skulptur gegenüber ist ein beispielloser Sarkophag zu finden. Die vielen Details der Oberfläche zeigen eine Eheschließung und die Versinnbildlichungen der römischen Tugenden von pietas, virtus und Treue. Alleine dieses Ausstellungsstück ist für den Besuch der Installation ein zwingender Grund. 

Der römische Innenhof (Raum 108)

Nach der Juppiterhalle gelangt man in einen Ausstellungsraum, der einem römischen Innenhof nachempfunden wurde. Die prachtvolle Ausstattung des Raumes und das Bemühen, ihn thematisch zu den Exponaten zu gestalten, ist bereits eindrucksvoll. Dabei wird nur Wert auf eine Ausrichtung des Raumes entsprechend der römischen Skulpturen gelegt, es soll keine realistische Nachempfindung erfolgen. Im Raum befindlich sind unterschiedliche Skulpturen, u. a. auch die sehr realistische Nachbildung eines Opferlammes, das wohl stellvertretend für ein lebendes Lamm als Opfergabe an einen Tempel geleistet wurde. Das Lamm wurde liegend abgebildet und sein Fell ist überaus detailgetreu nachempfunden.

Der Dionysusraum (Raum 107)

Durch den römischen Innenhof gelangt man in den Dionysusraum. Während im vorherigen Raum vorwiegend auch Skulpturen in unterschiedlich zerstörten Zuständen und eher etwas kleinerer Größe dargestellt wurden – wie sie wahrscheinlich eher im privaten Gebrauch und im Innenhof einer römischen Familie vorgekommen sein mögen – so befinden sich im Dionysusraum sehr repräsentative große Statuen. Der Raum stammt wie schon die Juppiterhalle von Leo von Klenze und ist darauf ausgerichtet, die weißen Marmorstatuen kontrastiert zum roten Marmor der Wände hervorzuheben.  Die  Exponate  stellen  zu  einem  großen  Teil römische Gottheiten im griechischen Stil dar. Eines der berühmtesten Stücke dieser Sammlung ist die Statue der Aphrodite, auch bekannt als Taurida Venus. 

Der Raum der großen Vase (Raum 128)

Gegenüber vom Juppiterraum liegt der Raum der ‚großen Vase‘ und bildet den zweiten Teil der Ausstellung. Hier ist zentral eine 19 Tonnen schwere Marmorvase ausgestellt, die im 19. Jahrhundert für das Museum angefertigt wurde. Der Raum beherbergt an den Wänden ringsum diverse Büsten von Antoninoos. Die Ausstellung beschreibt ihn als ‚favourite‘ des Kaisers Hadrian, nach seinem Tod wurde dieser als Gott verehrt und Hadrian gründete ihm zu Ehren die Stadt Antinoopolis.[4] Die Auswahl der Büsten spiegelt sehr eindrucksvoll das Schönheitsideal wider, dem Antinoos augenscheinlich entsprach.

Der pompeianische Raum (Raum 129)

Der pompeianische Raum beherbergt eine Auswahl an Schmuck und kleinen künstlerischen Objekten aus der Zeit Roms. Dazu gehören unter anderem verzierte Alltagsgegenstände wie Lampen, Schalen und kleinere Götterstatuetten. Als besonderes Stück dieser Sammlung gilt ein Cameo, das Augustus, Livia und einen jungen Nero zeigt und aufgrund seiner Größe wahrscheinlich für repräsentative Zwecke verwendet wurde. Symbolisch reichen sich Augustus und Livia die Hände und verweisen gleichzeitig auf ihren Erben Nero. Das Exponat ist hervorragend erhalten und zeigt die Bestrebung eine gesicherte Dynastie zu repräsentieren.

Die Augustushalle (Raum 127)

In der Augustushalle werden thematisch Exponate präsentiert, die mit der Familie des Augusts in Verbindung stehen. Um den Fortschritt und Wohlstand darzustellen, der im Verlauf der Herrschaft des Augustus für das römische Imperium begann, sind an den Fensterseiten zahllose antike Glasfunde präsentiert. Dazu gehören Teller, Karaffen und Gläser. Sie vermitteln deutlich ein Bild des Reichtums und der handwerklichen Fähigkeiten dieser Zeit. Zentral im Raum ist eine Statue von Augustus, die der bereits besuchten Juppiterstatue in Raum 108 ähnelt. Augustus ist sitzend abgebildet und ist mit einer Toga bedeckt. Sie repräsentiert die typische augustinische Klassik, die den römischen Realismus mit dem griechischen Klassizismus verband. Die Statue ist zwar eine Restauration und besteht zu Teilen aus neuen Versatzstücken, aber als Grundlage der Wiederherstellung wurden antike Münzen verwendet, die eine ähnliche Pose des als Juppiter posierendem Kaiser zeigen. Des Weiteren ist im Raum eine beispiellose Büste eines römischen Kaisers in Rüstung ausgestellt. Der erhaltene Torso der Statue ist dabei überragend detailgetreu und realistisch gearbeitet. Alle Seiten der Skulptur sind bearbeitet, was für die zentrale Präsentation in der Mitte eines Raums spricht. Die Rüstung ist mit einer gorgonischen Maske verziert, darunter befinden sich zwei Greifen. Jede Metallplatte des Oberschenkelschutzes ist aufwendig verziert. Die Verzierung der Brustplatte stimmt mit einer Skulptur des Kaisers Trajan überein.

Fazit

Die Ausstellung ‚Die Kunst des antiken Roms‘ hat einen sehr umfassenden und anschaulichen Überblick über das Thema gegeben. Dabei wurde sich nicht nur auf repräsentative Exponate konzentriert, sondern auch kleinere Stücke aus eher privatem Gebrauch dargestellt. Besonderen Anreiz hat die Ausstellung nicht zuletzt wegen ihres Rahmens. Die Räume des Museums wurden schon während ihres Baus im 19. Jahrhundert als Museum für antike Ausstellungsstücke geplant. Die Stimmung, die durch diese aufwendige Umrahmung der Exponate erzeugt wurde, ist bis heute für die Unterstreichung des künstlerischen Aspektes der Skulpturen, Büsten und Kunstgegenständen einmalig. Nicht zuletzt besticht die Sammlung durch diverse näher besprochene weltberühmte Exponate. Dabei haben die informierenden Texte Wert daraufgelegt, auf künstlerische Umsetzungen von Mimik und Haltungen oder Details das Augenmerk zu richten. Auch die Darstellung der verzierten Gebrauchsgegenstände und das ausgestellte Glas tragen zu dem Gesamteindruck eines hohen Stellenrang der Kunst für die antike römische Gesellschaft bei. Auch die Anordnung der Exponate in einzelnen Räumen gibt einen guten Überblick über einzelne Aspekte. Wie etwa die kleineren weniger repräsentativen Skulpturen im römischen Innenhof oder die Konzentration auf die melancholische Umsetzung von Gesichtsausdrucken der Büsten in der Juppiterhalle. Leider lassen sich zu einem großen Teil der Exponate keine Informationen außer der Datierung, der Herkunft und dem Titel abrufen. Schön wären auch mehr Informationen zu den verwendeten Symbolen. Eine nähere Untersuchung lohnt auf jeden Fall der Sarkophag aus der Juppiterhalle. Die unglaubliche künstlerische Aufarbeitung der Hochzeitsszene mit gleichzeitiger Toposverwendung diverser Tugenden ist nur durch eingehende und angeleitete Betrachtung zu entschlüsseln. Warum genau eine Eheschließung auf einem Sarkophag dargestellt wurde, wäre auch ein weiterer interessanter Ansatzpunkt weiterer Untersuchungen und Fragen, die über ein solches Ausstellungsstück gestellt werden könnten. An die Ausstellung über ‚Die Kunst des antiken Roms‘ schließen sich noch zwei weitere Räume mit Ausstellungsstücken an, die ‚Die Kunst des antiken Italiens‘ thematisieren. Diese Räume würden sich für eine ausgedehntere Besichtigung anbieten, wurden aber in diesem Kontext nicht mehr aufgenommen. Diese Ausstellung beinhaltet dafür in diesem Rahmen zu viele Exponate.

 


[1] The  State  Hermitage  Museum  (1998-2020):  Permanent  Exhibitions.  The  Art  of  Ancient  Rome.

[online]

www.hermitagemuseum.org/wps/portal/hermitage/explore/perm_exh/exh/!ut/p/z1/pVPLcoIw

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nQSEh/?lng=de [27.09.2020].

[2] The  State  Hermitage  Museum  (1998-2020):  Virtual  Visit.  [online]

www.hermitagemuseum.org/wps/portal/hermitage/panorama/virtual_visit/panoramas-m-

1/?lng=de [27.09.2020].

[3] Die Räume 107-109 und 127-129.

[4] Vgl.  Eck,  Werner:  “Antinoos”,  in:  Hubert  Cancik,  et  al.  (Hrsg):  Der  Neue  Pauly.  [online]

dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e124400 [29.09.2020].